Das ist das Motto der Zeitzeugenbörse in Hamburg.
 Im Gesellschaftslehreunterricht des 9. und 10. Jahrganges ist das Thema  „Nationalsozialismus und die Zeit danach“ nicht wegzudenken und nach wie  vor – wenn nicht sogar heutzutage wichtiger denn je – unverzichtbar.
 Um unseren Schülerinnen und Schülern dieses Doppeljahrganges die immer  seltener werdende Gelegenheit zu bieten, mit Zeitzeugen  der  nationalsozialistischen Herrschaft in Kontakt zu treten und ins Gespräch  zu kommen, haben wir über die Zeitzeugenbörse im Hamburg drei Herren  (91-jährig, 88-jährig und 75-jährig) einladen können, die immer wieder  gerne in Schulen über die Zeit vom Nationalsozialismus an bis zur  Wiedervereinigung berichten. 
 
„Bewegte Berichte – gelebte Geschichte“
Zur Vorbereitung auf das Zusammentreffen haben die Schülerinnen und   Schüler eine ganze Reihe von Fragen gesammelt. Diese Fragen waren ganz   unterschiedlicher Natur: zum Teil waren sie sehr persönlich (Haben Sie   viele Verwandte verloren?, Haben Sie selbst Juden diskriminiert?, Was   war das Schlimmste, was Sie erlebt haben in dieser Zeit?) und zum   anderen aber auch mit aktuellem Bezug (Sollte man die Geschichte/   Vergangenheit immer weitergeben für die Zukunft?, Wie finden Sie die   Entwicklung von Deutschland im Vergleich zu früher?, Was wird sein, wenn   es Ihre Generation nicht mehr gibt?).
Mit diesen und noch mehr Fragen konnten sich unsere Gäste im Vorfeld  auf  ihren Besuch bei uns vorbereiten und kannten die Interessen unserer   Schülerinnen und Schüler.
Und am  17. Februar war es dann soweit. Die IGS Friesland-Süd erhielt  Besuch  von den drei Herren aus Hamburg. In der Außenstelle der IGS   Friesland-Süd verbrachten die rund 190 Schülerinnen und Schüler eine   kurze aber dafür umso intensivere Zeit.
Vor allem die beiden älteren Herren Günter Lüpcke und Hans Ebel   berichteten eindrucksvoll aus ihrer Kindheit zur Zeit des   Nationalsozialismus.
 

Mit 14 musste er der Hitlerjugend beitreten…
Herr Lüpcke  (geboren 1932) erlebte diese Zeit als Sohn einer   alleinerziehenden  Mutter in einem Vorort von Hamburg. Der Alltag im   Krieg war für ihn normal, aber natürlich hatten sie auch Angst.   Bombenangriffe habe er in  dem Vorort aber nur selten mitbekommen. Mit  14  musste er der  Hitlerjugend beitreten, war aber dennoch stolz  darauf,  ein für seine  Mutter sehr teures Braunhemd zu besitzen. Weil  zwei Onkel  von ihm für  die SPD Geld sammelten, kamen diese  „regimefeindlichen“  Verwandten ins KZ bzw. durch ein Strafbataillon  ums Leben. Ein jüdischer  Mitschüler wurde irgendwann abgeholt. Später kam die Nachricht, dass er  an einer  Lungenentzündung gestorben sei.  Schließlich musste er sich  1945 kurz vor Kriegsende mit 15 noch  „freiwillig“ beim Volkssturm  melden, um die  heranrückenden Alliierten aufzuhalten. Den Schülerinnen  und Schülern  brachte er Dokumente seiner  Kindheit mit wie etwa seinen  Wehrausweis  und eine von Adolf Hitler  unterzeichneten Urkunde samt  Medaille, aber  auch die Gerichtsurteile  seiner Onkel.
  Herr Ebel (geb.  1929) wuchs als Sohn eines Großindustriellen in Berlin   auf. Sein Vater  versuchte alles, um nicht in die Fänge der NSDAP zu   geraten, und als  sein Sohn der Hitlerjugend beitreten sollte, schicke er ihn auf ein  Internat, welches allerdings auch stark in den Händen der   dort  untergebrachten HJ-Jungen lag. Ganz in der Nähe befand sich das KZ    Buchenwald, was für ihn damals aber lediglich ein Kriegsgefangenenlager   war. Wenn es am Wochenende im Internat Kuchen ab,  brachte er die Reste  heimlich den Häftlingen. Nach Kriegsende erlebte  er in Berlin  die  Luftbrücke, und kam darüber bis nach Hamburg und sogar  nach  Rastede, wo  er – untergebracht bei einem Bauern – als  Jungenstreich im  Rasteder  Schloss aus den dort gelagerten Care-Paketen  der Kanadier  die Schokolade  klaute. Auch er veranschaulichte seine  Erzählungen mit  Fotos seines  Internats, einem Jugendfoto von ihm und  Abbildungen der  Flugzeuge der  Luftbrücke.
Kindheit zur Zeit des Nationalsozialismus. Sehr trauriges Kapitel, welches niemals wiederholt werden darf
Herr  Schultz-Süchting, mit 75 Jahren der jüngste in dieser Runde, hat  den  Krieg selbst nicht mehr miterlebt. Dennoch ist es ihm ein großes     Anliegen, Schülerinnen und Schülern klar zu machen, dass diese Zeit kein    „Vogelschiss der deutschen Geschichte“ ist, wie es etwa der AfD-Politiker Alexander Gauland 2018 behauptete, sondern ein sehr trauriges Kapitel, welches niemals wiederholt werden darf. Daher sei politische Bildung und das Wissen um diese Zeit unglaublich wichtig.  Zudem zieht er eine Parallele zur Gegenwart. Er selbst habe seine durchaus glückliche eine Kindheit auf Trümmerhaufen verbracht. Und selbst als Millionen von   Flüchtlingen aus dem Osten kamen, wurden alle  integriert. Schließlich   ginge es ja allen gleich schlecht. Heute  würden Flüchtlingsströme weniger selbstverständlich aufgenommen.
 Nach zwei Zeitstunden voller endete der Besuch. Wir bedanken uns ganz herzlich für diesen besonderen Moment.    
